Der Wind weht kräftig überm Deich. Wenn ich heute etwas lernte, dann dass man auf Hiddensee vor allem mit einem rechnen muss: mit Wetter.
Es gibt ziemlich genau drei Gegenden auf der Erde, in denen kein Verlass auf das Wetter ist. Die Berge, die schottischen Highlands und die See. Wo eben noch dichte Wolken waren, ist plötzlich Sonnenschein, der prompt durch Regen abgelöst wird. Und die Ursache dieses ständigen Wechsels ist der Wind, der uns beständig aus nördlichen und westlichen Richtungen beehrte.
Damals, als der Kachelmann noch das Wetter machte, war alles besser. Was der sagte, wurde auch gemacht. Und wenn nicht, hatte man wenigstens einen Namen, den man verantwortlich benennen konnte.
Doch genug dessen. Es gibt bekanntlich kein schlechtes Wetter, nur unpassende Kleidung. Oder eine dem Wetter unangemessene Beschäftigung. Zum Glück muss man ja nicht immer an der frischen Luft sein. Wenn es regnet, kann man immer noch Museen besuchen. Oder Kirchen. Kloster hat eine Kirche. Eine kleine Kirche, das ist wahr. Aber erwähnte ich schon, dass Hiddensee eine kleine Insel ist?
Die Kirche von Kloster ist so klein, sie hat nicht einmal einen Turm. Von außen sieht sie wie ein ganz normales Haus aus. Glocken hat das Gotteshaus trotzdem und wenn man zum Gottesdienst kommt, sollte man pünktlich sein, damit die Glocke nicht einfach über dem eigenen Kopf losbimmelt. Die Glocken hängen nämlich gleich im Eingangsbereich.
So klein die Kirche von außen ist, so klein ist sie auch innen. Ein paar Bänke, ein separater Bereich, in dem früher die Familie des Pfarrers saß, ein Altar und eine Orgel. Und Schiffe. Klar, wir sind an der Küste, auf einer Insel. Die Seefahrt und die Fischerei gehören hier zum täglichen Leben und somit ist es nur logisch, dass sich dieses Thema auch im religiösen Leben wiederfinden.
Wunderhübsch anzusehen ist der Taufengel an der Decke. Früher wurde diese Engelsfigur bei Taufen hinuntergelassen.
Interessant für den Kunstinteressierten ist der Friedhof. Hiddensee war einst ein Rückzugsort für Künstler. Gerhart Hauptmann hielt sich oft auf Hiddensee aus, die Familie Kruse (Kennt jemand die Käthe-Kruse-Puppen?) kaufte sogar die Lietzenburg bei Kloster. Sowohl Hauptmann als auch die Kruses sind auf dem Friedhof an der Kirche von Kloster begraben.
Sprach ich schon vom Wetter? Solches hatten wir nämlich. Solange wir über den Gottesacker promenierten, war es trocken. Auf dem Weg zum kleinen Inselblick – ja, es gibt noch einen zweiten, kleinen Inselblick – war es auch trocken. Zur Lietzenburg kamen wir nicht mehr. Es schüttete wie aus Eimern. Es gibt kein schlechtes Wetter. Nur unpassende Kleidung. Gegen den Regen hatte ich natürlich ein Cape mit. Nur die Hose bekam Wasser ab. Und es war Mittag. Also ab in die Wohnung, Pause. Der Regen wird sich schon wieder verziehen.
Das tat er auch zeitweise. Am Nachmittag, als wir über den Deich, über dem der Wind kräftig weht, nach Süden liefen, war die Sonne wieder da. Sie wurde noch kurz von einem Regenschauer verdrängt, da Hiddensee aber flach wie ein Eierkuchen ist, wehte der Wind die Wolken ratzfatz weiter.
Vitte, unser Ziel, ist nicht wirklich größer als die restlichen Ortschaften. Aber immerhin groß genug, um über ein Rathaus zu verfügen.
Außerdem gibt es hier den einzigen Geldautomaten auf der Insel und die Medikamentenausgabestelle.
Medikamentenausgabestelle? Ja, genau. Hiddensee ist klein genug, um keine Apotheke zu haben. Man kann Rezepte in Vitte abgeben, die Medikamente werden bestellt und dann kann man sie an einer zentralen Stelle abholen.
Ein interessantes Wohnkonzept aber fanden wir in Vitte: Eine alte Windmühle wurde restauriert und zu einem „Wohnmühle“ umgebaut. So kann man Altes auch erhalten und gleichzeitig sinnvoll nutzen, denn heutzutage wird ja kein Korn mehr zu Mehl gemahlen. Das Mehl gibt es ja im Supermarkt.
Aber das Beste an der Ostsee ist, dass es Meer und Steine gibt. Es gibt runde Steine, es gibt einige wenige eckige Steine und vor allem gibt es flache Steine. Hand aufs Herz: Wann habt ihr das letzte Mal einen flachen Stein genommen und in einem flachen Winkel auf eine Wasseroberfläche geworfen, um zu sehen, wie oft die Klamotte vom Wasser abprallt? Zugegeben: Bei Wellengang sind die Bedingungen fürs Steine flitschen alles andere als optimal. Aber es macht Spaß. Besonders, wenn es auf den Sonnenuntergang zugeht und das Licht stimmungsvoll ist. Macht es auch mal wieder! Stellt euch an den Strand, nehmt ein paar Steine und lasst sie über die Wellen hopsen! Einmal wieder Kind sein, unlogisch handeln und fünf gerade sein lassen…
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