Der vermutliche Traum jedes Bikers: einmal die Route 66 abfahren. Ich bin mangels entsprechendem Führerschein kein Biker, die Vorstellung gefällt mir aber. Obwohl…
Die Schotten können das auch. Man muss nicht über den großen Teich fliegen, um ein Tourerlebnis sondersgleichen zu haben. Ich glaube sogar, die Schotten können es besser. Die caledonische Antwort auf die Route 66 heißt North Coast 500 und führt 500 Meilen weit von Inverness entlang der östlichen, nördlichen und westlichen Küste Schottlands zurück nach Inverness.
Eine Warnung im Voraus an alle, die die „schottische Route 66“ befahren wollen: Nehmen Sie sich nicht vor, ein bestimmtes Ziel zu erreichen! Auf der NC500 heißt es: Der Weg ist das Ziel.
Angenommen, der Himmel wäre strahlend blau (war er, sieht man von kleinen Wölkchen ab). Angenommen, man führe bei diesem blauen Himmel an einem Loch vorbei. Ein Loch ist nicht das Fehlen festen Bodens sondern ein See. Oder Fjord. Aber nur in Schottland und Irland, weil das Wort gälischen Ursprungs ist. Der Engländer sagt Lock, der Schotte spricht am Ende ein kehliges „ch“. Also ziemlich so, wie es der Deutsche tun würde.
Was also macht man, wenn man bei blauem Himmel an einem Loch vor wiesig-bergiger Kulisse vorbeifährt? Man hält an, man staunt, man hält sich auf. Man macht Fotos. Und die Zeit vergeht, ohne dass man es merkt.
Es sind diese zeitlosen Augenblicke, die Schottland ausmachen. Nur Barbaren und Banausen sind in der Lage, nördlich des Antoninuswalls den Anblick eines Berges zur Kenntnis zu nehmen, zu nicken und weiterzufahren. Der zivilisierte Mensch, der im Alltag nicht zum Luftholen kommt, wird hier ganz einfach auf den Boden gezogen. Jegliche Zeit, jegliche Unruhe und Hektik hören auf zu existieren, sobald man einen Fuß auf schottischen Boden setzt, um hier Urlaub zu machen.
Der barbarische Banause sieht Berge. Der aber, der loslässt und sich vom Land einfangen lässt, sieht ganz andere Dinge. Er sieht einen
Ein paar Meilen weiter begegnet ihm ein
Fährt man weiter, entdeckt man, wie die Perspektive das Bild verändert. Aus dem Drachen wird plötzlich eine
die auf dem Rücken liegend die Hände unter ihrer Brust faltet.
Kann man einfach durch ein solches Land rasen ohne hier und da zu verweilen? Schwerlich. Die North Coast 500 lebt wahrlich davon, dass man sich Zeit nimmt und nicht pünktlich 18:00 Uhr ein einem bestimmten Punkt sein muss.
Die NC500 lädt auch ein, dann und wann die eigentliche Route kurz zu verlassen. So wählten wir doch zwei Ziele aus, die wir aber zu keinem bestimmten Zeitpunkt erreichen mussten. Das erste Ziel war Strome Castle.
Strome Castle wurde vom Clan MacDonald errichtet, im 16. Jahrhundert von König James V. aber an die MacDonells gegeben, welche das Castle für die MacDonalds of Glengarry verwalteten. Diese wiederum verloren die Burg nach einer Belagerung Anfang des 17. Jahrhunderts an den Clan MacKenzie. Kompliziert, oder?
Angeblich holten während der Belagerung der Festung die eingeschlossenen Frauen der MacDonalds Wasser, schütteten dieses aber aufgrund schlechter Sicht und Dunkelheit in die Pulverfässer. Ein gefangener Angehöriger der MacKenzie-Clans bekam das mit, floh und berichtete seinem Clan-Chief vom MacDonaldschen Missgeschick. Die MacDonalds wussten, dass sie gegen den folgenden Angriff nichts ausrichten konnten und die einzige logische Wahl war die Kapitulation und Übergabe von Strome Castle. Die Angehörigen des Clan MacDonald erhielten freies Geleit und durften all ihre Wertsachen mitnehmen. Die Burg wurde gesprengt.
Der zweite Fixpunkt des Tages waren die Victoria Fall ein gutes Stück nördlich.
Da aber der Weg das eigentliche Ziel war, bildeten die Wasserfälle nur eine Station, an der wir kurz (aber eindrücklich) die Gegend auf uns wirken ließen. Das wirkliche Highlight erwartete uns schon vorher.
Irgendwann wird man nämlich hungrig und muss auch einmal menschlichen Bedürfnissen nachgeben. Dem wurde ein Inn im (oder beim) schönen Ort Torridon direkt an der A896 gerecht, in dem es nicht nur einen verdammt guten Burger gab sondern auch eine klasse Aussicht:
Muss man mehr Worte verlieren? Ich glaube nicht. Wer im Norden Schottlands ist und ein Auto oder Motorrad hat, sollte sich auf jeden Fall auf die NC500 begeben. Es müssen nicht die ganzen 500 Meilen sein. Ein beliebiges Stück reicht vollkommen aus.
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